Auf Tour - Unterwegs auf Schmugglerpfaden im Villgratental


Dieser Winter hat es mehr als gut gemeint mit Osttirol. Schnee ohne Ende, so dass Skitourengeher oder Schneeschuhwanderer hier noch weit in das späte Frühjahr ihren Spaß haben werden. Der Weg dorthin lohnt allemal. Kals am Großglockner, Matrei, das Virgental, St. Jakob im Defereggental und natürlich die Lienzer Dolomiten mit ihrer einzigarten Kulisse - ganz Osttirol gilt als Skitouren-Paradies. Unser Ziel: das Villgratental, ein Seitental des Osttiroler Pustertals, das sich über fast 170 Quadratkilometer erstreckt. 

Schon vor 30 Jahren, als Skibergsteigen noch lange nicht im Trend lag, zogen Pioniere hier ihren Brettern das Fell über die Ohren. „80 Prozent unserer Gäste sind Tourengeher“, berichtet Ossi Fürhapter, Geschäftsführer der Tourismusinformation Villgratental. Nach wie vor schätzen die Gäste im urigen Innervillgraten mit seinen 1000 Einwohnern und dem noch beschaulicheren Außervillgraten mit 860 Menschen die unvergleichliche Ruhe und die exklusiven Berg- und Naturerlebnisse in der Abgeschiedenheit dieses Tals mit seinen jahrhundertealten Traditionen und Wurzeln. 1982 wurde hier noch der Wilderer Pius Walder aus Kalkstein erschossen, was zu Spaltungen und Konflikten in seiner Heimatgemeinde und zu großen, medialen Schlagzeilen führte. Mitte der Achtziger war die Alfenalm oben im Tal authentische Kulisse für die Fernsehserie „Schwabenkinder“ mit Tobias Moretti und beim Besen-Bürsten-Rainer in Innervillgraten gibt es Besagtes noch immer in guter Handarbeit. Nein, sie haben nicht verschlafen. Sie sind sich treu geblieben hier und haben deshalb auch einfach nicht mitgemacht, als ein Dorf nach dem anderen im Alpenraum damit begann, Liftanlagen zu bauen. Heute ist das Villgratental in Osttirol österreichweit das einzige mit hohen Bergriesen, aber ohne Skizirkus.

Kaum einer kennt die Berge hier so gut wie Hannes Grüner. Der Ski- und Bergführer kommt aus Sillian und passt in seiner ruhigen Art wie auch rein äußerlich perfekt in die traditionsbewusste Umgebung hier. Auch er bleibt sich und seinen Dingen treu und will sich beispielsweise auf so moderne, breite Freeridetourenski, wie einige von uns sie unter den Füßen haben, nicht hinaufstellen, sagt er. Hannes führt uns hinauf auf die Kreuzspitze, eines der beliebtesten Tourenziele im Villgratental.


LVS-Check unten in Kalkstein, dann geht es weiter durch einen schönen Lärchenwald, wo wir nach einigen Minuten an einer beschilderten Gabelung rechts ins Rosstal abbiegen und auf einem doch etwas vereisten Weg taleinwärts zur Lipperalm aufsteigen. Am Talende weisen Schilder zum Kalksteinjöchl, einem beliebten Übergang nach Südtirol, der früher rege von Schmugglern frequentiert war. Ein strahlend schöner Tag, auch wenn die Schneelage nicht mehr ganz so gewaltig ist. Über sanftes Rinnen- und Muldengelände geht es weiter bergauf. Nach gut 1000 Höhenmetern und drei Stunden Aufstieg warten oben das schöne Gipfelkreuz und ein unbeschreiblich schöner 360-Grad-Panoramablick über die Südtiroler Dolomiten, den Karnischen Kamm, die Glockner- und die Venedigergruppe. 

Unten im Tal werden nach einer doch überraschend guten Firnabfahrt durch versteckte Rinnen in der gemütlichen Badl-Alm die leeren Depots mit Osttiroler Schlipfkrapfen gefüllt, während uns Wirt Gebhard Walder, selbst passionierter Tourengeher, mit seinen Erzählungen schon wieder Lust auf eine nächste Tour hier macht. Petra Rapp

Anfahrt: Mit dem Auto über Kufstein und den Felbertauerntunnel nach Lienz, weiter auf der B100 bis Heinfels, dann auf die L273 ins Villgratental.
Anspruch: leicht
Gehzeit: Aufstieg 3 Stunden 
Ausgangspunkt/Parkplatz: Innervillgraten/Kalkstein (1.640 m)
Höhendifferenz: knapp 1000 Höhenmeter
Einkehrmöglichkeit: Badl-Alm in Kalkstein, www.badl-alm.at
Informationen: www.osttirol.com