Endless Winter – die Suche geht weiter

Während sein Bildband "Endless Winter" ein heißer Kandidat für den weihnachtlichen Gabentisch ist, arbeitet Autor Michael Neumann bereits an der zweiten Auflage, welche im Herbst 2014 erscheinen soll. Zusätzlich auf der To-do-Liste: ein Film. Unsere Redaktion hat sich anstecken lassen.

Bist du seit Erscheinen des Buches im letzten Herbst immer noch auf der Jagd nach dem endlosen Winter?
So gut es geht. Im August und September war ich wieder in Chile unterwegs. Und im Oktober gab es bereits im Oktober einen perfekten Tag mit 70 Zentimeter Neuschnee. Mittlerweile haben auch die ersten Skigebiete in den Nordalpen ihre Drehkreuze geöffnet, so dass man für echte Winterfreuden gar nicht mehr weit fahren geschweige denn fliegen muss.

Wie war es in Chile?
Einmalig, wie immer. Es war mein vierter Trip bisher und wieder war alles anders als gewohnt. Die Schneelage war eher »low tide«, doch wenn ich eine Lektion in Südamerika gelernt habe, dann dass man sich stets ein Höchstmaß an Flexibilität erhalten muss. Wir hatten vorher vage drei Destinationen angefragt, uns aber nicht auf ein bestimmtes Datum festgelegt. So konnten wir innerhalb unseres Zweiwochenfensters die vorhandenen Kirschen von der Torte picken. Ein halbes Jahr im Voraus die All-inclusive-Woche in Valle Nevado festzuzurren, nur um sich den Frühbucher-Rabatt zu sichern, macht in Chile wenig Sinn. Dort ist zwar im August immer Winter, bei über 4000 Kilometer Länge des Landes ist nur die Frage wo … Während unseres Aufenthaltes etwa verzechnete antiago de Chile mit 34 Grad am 28. August einen neuen Temperaturrekord, während es 1000 Kilometer weiter nördlich in der Atacama-Wüste das erste Mal seit 40 Jahren wieder flächendeckend geschneit hat.

Wer war alles dabei?
Roman Rohrmoser, Felix Wiemers, Lukas Ebenbichler und Gri Reichenberger waren für die Skiaction vor der Kamera zuständig. Hinter Kamera und Stativ hantierten Henne Janda, Jonas Abenstein und ich. Henne und Jonas waren eigens engagiert, um der Destination Chile endlich mal zu einen würdigen Auftritt in bewegten Bildern auf der Kinoleinwand zu verhelfen. Den Trailer gibt es bereits auf www.endlesswintermovie.com, der fertige Film soll im Herbst nächsten Jahres auf Tour gehen.

Skiporno oder Arte-Doku, was können wir erwarten?
Irgendwas in der Mitte. Um die Action in den aktuellen Streifen zu toppen, muss man mittlerweile das beste aus zwei Saisons auf eine halbe Stunde kondensieren. Da können und wollen wir nicht mithalten. So kunstvoll und dialoglastig wie eine Arte-Doku wird es aber auch nicht. Roter Faden des Films wird der 79jährige Anton Sponar, der sich in Chile zwei Täler unterhalb des Aconcaguas gekauft hat und dort zusammen mit seinem Sohn ein Catskiing-Unternehmen betreibt. Er ist 1959 aus der Steiermark nach Nordamerika ausgewandert. Noch heute arbeitet er 400 Stunden pro Saison als Skilehrer in Aspen. Seine Geschichten aus fünf Jahrzehnten als Skibum begeistern selbst Nicht-Wintersportler. Höhepunkt ist aber der Trip zur Puma Lodge, einer 5-Sterne-Bleibe inklusive Heliskiing.

Nobel geht die Welt zugrunde …
Wie man es nimmt. Skigebiete gibt es in dieser Region der Anden keine und für Skitouren sind die bis zu 5500 Meter hohen Berg rund um die Lodge schlicht eine Nummer zu groß – es sei denn, man biwakiert gern unterwegs und errichtet ein paar Zwischenlager. Und wer sich über das Schicksal des Uruguayan Air Force Fluges 571 informiert, welcher 1972 mit einem kompletten Rugbyteam an Board in der Region zerschellte, bekommt ebenfalls einen guten Eindruck von der Größe und Unwegbarkeit des Geländes. So bleibt der Heli schlicht einzige Wahl. Und solange der hohe Preis einer Helistunde die Nachfrage im Rahmen hält, ist auch kein Ausverkauf auf Kosten der Natur zu befürchten. Das Besondere dort: jeder zweite Landeplatz ist jungfräulich und somit sind Erstbefahrungen von riesigen Bergflanken an der Tagesordnung. Das Gefühl, als erster überhaupt einem Berg seine Signatur zu verpassen, ist unbeschreiblich.

Wie finanziert man einen solchen Trip?
Nicht aus den Bucherlösen, soviel ist klar. Ein Jahr habe ich gebraucht, um genügend Sponsoren von unserem Projekt zu überzeugen. Am Ende hatten wir aber eine illustre Zahl potenter Partner an Bord. Allen voran BMW und Eurocopter, die uns am Boden und in der Luft mobil machten. Und auch die Sponsoren der Fahrer haben ihren Teil in die Kerosinkasse eingezahlt: K2, Rossignol, Marmot, 8848, Bailo, Maloja und die Generali Versicherung. Nahezu das gesamte Budget floß direkt in die Heliturbine, der Rest ging für die Leihausrüstung der Filmer drauf. Tagessätze für Fahrer wie für uns Kameraleute gab es aber nicht,

Wie muss man sich den Tagesablauf beim Drehen vorstellen?
Ausschlafen, frühstücken, Massage, zwei schnelle Abfahrten und ab in den Hot Tub. NOT. In der Regel sind wir weit vor Sonnenaufgang aufgestanden, um selbigen für ein paar Locationshots zu nutzen. Dann ein schnelles Frühstück und ab in den Heli, um möglichst das Morgenlicht voll zu nutzen. Obwohl wir dann bis zu acht Stunden in den Bergen unterwegs waren, kam jeder Fahrer meist nur auf zwei Runs, da es immer dauerte, bis die zweite Kamera am Gegenhang positioniert war und das Licht den Aufstieg des Helis mit dem ersten Kameramann an Bord rechtfertigte. Oft mussten die Fahrer eine Stunde und länger auf einem schmalen Grat im Wind ausharren, bis dann via Funk das Go kam und sie binnen zehn Sekunden startbereit sein mussten. Nach Rückkehr in die Lodge war der Hot Tub dann allenfalls Kulisse für Lifestyle-Aufnahmen, bevor zum Sonnenuntergang noch die BMWs bei Fahraufnahmen in Szene gesetzt wurden. Und selbst das Abendessen ließ Kameramann Jonas für Zeitrafferaufnahmen vom Sternenhimmel meist aus. Urlaub geht jedenfalls anders.

Sind auch neue Buchkapitel geplant?
Aber ja. Doch welche Ziele genau sich letztlich realisieren lassen, hängt ganz von Frau Holle ab. Derzeit ganz oben auf der Liste steht ein Trip nach Bulgarien, wo ein gewaltiges Kommunismus-Denkmal zweckentfremdet werden soll. Und die Kapitel Zillertal, Colorado und Chile bekommen sicher ein Update. Priorität A hat aber ein neuerlicher Trip nach Lyngen. Diesmal länger als vier Tage und etwas früher im Jahr, damit der Pulver auch sonnseitig noch was kann ...

BUCHTIPP:
240 Seiten Tiefschnee satt
Die Surfer zelebrieren ihren »Endless Summer« schon seit Jahrzehnten. 365 Tage im Jahr düsen sie auf der Suche nach der perfekten Welle dem Sommer hinterher. Nun kommen vermehrt auch die Skifahrer auf den Geschmack – nur andersherum. Diese Suche nach dem perfekten Powder führte den Autor und Fotografen Michael Neumann einmal um den Globus. In 12 Kapiteln zeigt er auf, wie und wo man ein Jahr lang Skifahren kann. Vom Zillertal über den Arlberg führt die Reise via Colorado, Alaska und die Lyngen Alps bis nach Chile und Argentinien – und wieder zurück. Zu haben für 34,95 € plus 3 € Versand unter www.endless-winter.net

Alle Fotos: Michael Neumann