Hinten ohne - Telemarken etabliert sich als reizvolle Variante für sportive Freigeister


Foto: Petra Rapp
Es sieht so einfach, so schwerelos aus, wenn echte Könner wie Fritz Trojer den weißen Hang herunterfahren. Mit dem einen Bein im Ausfallschritt nach vorne, beim anderen das Knie in Richtung Ski gedrückt. Hoch, tief, immer wieder. Ganz locker. Weder zerfahrenes Gelände noch ein paar Buckel stören seinen Rhythmus. Beneidenswert! Denn der Sport, der bei dem 30jährigen aus Pöcking am Starnberger See so spielerisch wirkt, hat es in sich. Telemarken, die Urform des alpinen Skisports, ist anspruchsvoll. Wer es ausprobieren will, sollte Skifahren oder Snowboarden können, ein gutes Gleichgewichtsgefühl und Übungsfleiß mitbringen. „Aber wer einmal den Bewegungsablauf verinnerlicht und das Gefühl der absoluten Bewegungsfreiheit beim Telemarken erlebt hat, kommt kaum mehr davon los“, sagt Fritz.

Fritz Trojer, Foto DSV
 Bei ihm war es wie bei vielen Telemarkern. Skifahren hatte er in allen Varianten ausgiebig kennengelernt. Er suchte eine neue sportliche Herausforderung im Schnee und sah ein paar Telemarker mit freier Ferse herunterfahren. „Mein Vater und ich kauften uns 2004 eine Ausrüstung, seither bin ich infiziert.“ Telemarken empfindet er als vielseitiger als das Alpinfahren, die Bewegung eleganter, das Gefühl der Freiheit viel größer. „Man ist näher am Schnee, kann in jedem Gelände fahren und alle Telemarker, die ich bisher kennengelernt habe, sind gut drauf“, meint Fritz, der neben seinem Hauptberuf als Lehrer seit 2007 das DSV Telemark Team Germany als Cheftrainer betreut.

Telemark-Rennsport mit seinen drei Disziplinen Classic, Sprint und Parallel Sprint ist die Spielwiese der sportlich sehr ambitionierten Telemarker. Die meisten der derzeit rund 8000 geschätzten Telemarker in Deutschland wollen das ursprüngliche Skigefühl mit freier Ferse aber lieber ohne Stangen spüren und genießen - im Gelände, auf Tour oder auf der Piste. Ähnlich wie vor gut 150 Jahren Sondre Ouversen Norheim aus Morgedal in der norwegischen Region Telemark. Er gilt mit seiner Entwicklung von taillierten Ski und einer Bindung aus Weidenzweigen mit Diagonalzug als Erfinder der Telemark-Skitechnik. Telemark-Skifahren ist in Norwegen nach wie vor extrem populär. Es hat sich im Laufe der Jahrzehnte aber auch im restlichen Europa und in den USA ständig sportlich und technisch weiterentwickelt.

Foto: Rafael Prohaska
Seine Ursprünglichkeit hat sich der Sport erhalten. Telemarken ist nicht olympisch und die Fans der freien Ferse haben sich eine eigene Welt mit Events und Rennserien auf der ganzen Welt geschaffen. Dort wird Telemarken mit immer größerer Beliebtheit gelebt, gefeiert und der Virus der anspruchsvollen, aber traditionellsten Form des Skifahrens weiter verbreitet. Petra Rapp


Info Telemarken

Anforderungen: Gute Ski- oder Snowboarderfahrungen.
Ausbildung: Auf Festivals im Alpenraum kann man das Telemarken einfach und unkompliziert ausprobieren. Dort gibt es auch meist Einsteigerkurse und Leihmaterial. Mit Workshops und Kursen in Skischulen mit Telemark-Angebot kann man dann jederzeit seine Technik verfeinern. Wer sich perfektionieren will, kann beim Deutschen Skiverband die Ausbildungen zum DSV-Telemarkskilehrer machen.
Ausrüstung: Telemarkausrüstung ist der alpinen sehr ähnlich – auch preislich. Für Ski + Bindung + Schuh muss man beim Neukauf schon mindestens 800 Euro investieren. Es werden meist Alpinski-Varianten mit Telemarkbindung verwendet. Bei den Bindungen gibt es drei verschiedene Modelle: die alte 3-Pin-Technik, die fahren aber eigentlich nur noch Puristen. Dann gibt es die klassischen Kabelzug-Bindungen sowie die neueren NTN-Bindungen, meist mit Sicherheitsauslösung und integrierten Bremsen. Telemark-Schuhe sind je nach Bindung unterschiedlich, wesentlich bequemer und leichter als Alpinskischuhe. Sie haben eine Knickfalte, damit man überhaupt in die tiefe Telemarkposition kommt sowie vorne einen Schnabel für die Bindung (bei NTN-Schuhen etwas kürzer). Mit NTN-Schuhen kann man auch in Alpinbindungen einsteigen. Es werden kurze, hüfthohe Stöcke verwendet. Empfehlenswert: Helm, Knieschoner gegen eventuelle Steinberührung bei Bodenkontakt und Rückenprotektor.
Kursanbieter: z.B. Schneestolz in Schliersee (www.schneestolz.de), Freeheeler Academy in Burgberg im Allgäu (www.freeheeleracademy.de), snowbay in Bischofsmais (www.snowbay.de) oder Telemark Experts in Rohrstetten, Bayerischer Wald, (www.telemark-experts.de).

Termine/Festivals:

10.-12.02.2012 Bregenzer Telewald Bregenzer Wald // www.bregenzertelewald.de 
22.-24.02.2013 Telemark Camp Erzgebirge // www.telemarkcamp.de 
24.02.2013 Sport-Schindele Freeride-Telemark Tag Allgäu, Grünten // www.sport-schindele.com 01.-03.03.2013 Free Spirit Freeride/Telemark Festival Hochfügen// www.freeheeler.eu 20.-24.03.2013 Telemarkfest Kleinwalsertal // www.telemarkfest.de 
25.-28.04.2013 Telemark Pfalz Chillout im Stubai Telemark Pfalz // www.telemark-pfalz.de

Der Artikel ist auch auf der TZ Draußen-Seite erschienen: pdf zum Download